Körperliche Verletzungen sind eine der häufigsten Gefahren für Wildtiere. Manchmal erleiden Tiere schwere Verletzungen, an denen sie unmittelbar sterben. In anderen Fällen können ihre Verletzungen sie so beeinträchtigen, dass sie indirekt an ihnen sterben; zum Beispiel, wenn dadurch ihre Fähigkeit eingeschränkt wird, Nahrung zu finden, eingeschränkt wird. Auch wenn Tiere nicht an ihren Verletzungen sterben, können sie unter den Folgen wie chronischen Schmerzen leiden, insbesondere wenn ihre Verletzungen nicht richtig heilen.
Wildtiere können auf unterschiedlichste Arten verletzt werden. Wir können diese grob in drei Kategorien einteilen: durch Kämpfe mit anderen Tieren, durch Unfälle sowie durch extreme Wetterbedingungen oder Naturkatastrophen.
Kämpfe mit anderen Tieren können zwischen verschiedenen Spezies erfolgen (zum Beispiel mit Raubtieren) oder innerhalb einer Spezies, wie dies bei Kämpfen um das Revier, um Sexualpartner oder auch bei erzwungenen sexuellen Handlungen der Fall sein kann. Andere Verletzungen werden durch Unfälle oder extreme Wetterbedingungen verursacht. Beispielsweise verletzten sich Vogeljunge manchmal, wenn sie aus ihrem Nest fallen, und Waldbrände können bei Tieren zu Verbrennungen führen. Wirbellose Tiere können außerdem mit ihren Gliedmaßen steckenbleiben oder bei fehlerhaften Häutungsprozessen Körperteile verlieren.
Viele Angriffe durch Raubtiere bleiben erfolglos. Häufig gelingt es Tieren, auch wenn sie zuerst von ihrem Verfolger erfasst worden waren, diesem zu entkommen, aber sie überleben dann meist nur mit schweren Verletzungen. Igel überleben Angriffe durch Füchse zum Beispiel oft nur mit fehlenden oder verletzten Beinen
Das Video unten zeigt einen Igel, dem das linke Hinterbein fehlt, was vermutlich auf einen Fuchsangriff zurückzuführen ist. Dabei ist zu erkennen, dass er Schwierigkeiten hat, zu laufen. Seine Verletzung verringert sehr wahrscheinlich seine Fähigkeit, Nahrung zu finden und weiteren Raubtieren zu entkommen, zusätzlich zu dem körperlichen Schmerz, den der Igel empfinden muss.
Dieser junge Seehund ist einem Haiangriff entkommen, überlebte jedoch nur mit schweren Verletzungen an seiner Flanke.
Amphibien wie Frösche zeigen häufig Fehlbildungen wie fehlende oder nur teilweise ausgebildete Beine. Diese Fehlbildungen werden oft durch Libellenlarven verursacht, die sich gezielt auf die Jagd nach Kaulquappen machen.1 Libellenlarven essen eine Kaulquappe meist nicht ganz auf, sondern fangen diese und verzehren dann nur deren „zarte“ Körperteile, üblicherweise die Stelle, an der später ihre Hinterbeine wachsen. Je nach Entwicklungsphase, in der sich die Kaulquappe befindet, wenn sie attackiert wird, kann sich das fehlende Bein vollständig zurückbilden oder das Bein fehlt ganz oder entwickelt sich nur teilweise. Der ausgewachsene Frosch muss dann mit einem fehlenden oder nur teilweise entwickelten Bein oder auch mit fehlenden Augen versuchen, zu überleben. Dieser Angriff auf die Kaulquappe erschwert es dem Frosch später also, Nahrung zu finden oder Raubtieren zu entkommen.
Körperliche Verletzungen können auch durch Kampfhandlungen zwischen Tieren derselben Spezies verursacht werden. Zum Beispiel jagen und bekämpfen sich Tiere, um ihr Revier zu verteidigen, neue soziale oder auf Fortpflanzung bezogene Hierarchien zu etablieren oder ihre Nachkommen zu beschützen. Konkurrenz um Nahrung, Wasser, Unterschlupf und die Erfüllung anderer Grundbedürfnisse können ebenfalls zu aggressivem Verhalten und Verletzungen führen.
Das untenstehende Video zeigt eine Löwin, die durch einen Kampf mit einer Gruppe heranwachsender Löwen verletzt wurde. Der Kampf könnte aufgrund von Ansprüchen bezüglich des Reviers oder eines Tierkadavers oder wegen einer versuchten erzwungenen Paarung entstanden sein. Die Löwin hat einen gebrochenen Schwanz, eine offene Wunde an ihrem linken Hinterbein und sie humpelt stark. Es ist unwahrscheinlich, dass sie auf sich allein gestellt überleben wird. Sie folgt der Gruppe, die sie so verletzt hat – vermutlich in der Hoffnung, etwas von deren Nahrung abzubekommen.
Kegelrobben zeigen während der Paarungszeit Territorialverhalten. Diese junge robbe wurde mit schweren Verletzungen an ihrem Gesicht, Nacken und ihren Augen aufgefunden. Ihre Wunden wurden sehr wahrscheinlich durch eine andere Robbe verursacht. Wenn männliche See-Elefanten miteinander um die Herrschaft über einen Strand und damit über einen Harem weiblicher See-Elefanten kämpfen, setzen sie ihr großes Körpergewicht und ihre scharfen Eckzähne ein. Auch wenn diese Kämpfe selten tödlich ausgehen, können sie für alle beteiligten Tiere schwere Schnittwunden zur Folge haben. Siehe zum Beispiel:
Wildtiere sind auch in ihrem täglichen Leben dem Risiko ausgesetzt, sich zu verletzen. Viele Unfälle geschehen, wenn Tiere herunterstürzen, mit etwas kollidieren, steckenbleiben oder wenn ihre Höhle oder ihr Bau einstürzt,2 Vögel kollidieren mit Bäumen, Elefanten bleiben im Sumpf stecken, Rehe verletzen ihre Augen an tiefhängenden Ästen und Eichhörnchen fallen aus Bäumen. Tiere verletzen sich auch aus Versehen gegenseitig, wenn sie spielerisch miteinander kämpfen.
Viele Tiere ziehen sich durch Unfälle Quetschverletzungen zu. Dazu kommt es am häufigsten, wenn ein Tier zwischen dem Boden und einem festen Gegenstand (zum Beispiel einem Felsen) oder einem größeren Tier eingeklemmt wird. Art und Ausmaß der Quetschverlerletzung hängen von der Wucht ab und können leichtere Prellungen umfassen bis hin zu schweren Blutungen, Knochenbrüchen und dem Reißen innerer Organe. Zum Beispiel können Felsen oder Äste auf ein Tier herunterfallen oder manche Tiere treten versehentlich auf kleinere Tiere. Bei Balzritualen kann es passieren, dass ein männlicher Pinguin ein Junges unbeabsichtigt einquetscht, was dem Pinguinjungen innere Verletzungen zufügen kann. Walrosse erschrecken sich schnell; nähert sich ein Raubtier oder hört das Walross den Lärm eines Bootes oder Flugzeugs, kann dies dazu führen, dass es panisch die Flucht in Richtung Wasser ergreift. Dieses Fluchtverhalten ist extrem gefährlich für die Kälber, die dabei verletzt oder zu Tode gequetscht werden können.3
Wirbeltiere können unterschiedlichste Arten von Brüchen erleiden. Sie können sich unter anderem die Knochen der Wirbelsäule, des Kopfes, Kiefers und Halses sowie der Gliedmaßen, Flügel, Panzer oder Hörner brechen.
Knochenbrüche der Wirbelsäule, Gliedmaßen und Flügel kommen häufig vor und können tödlich sein.4 Viele von unswissen, dass Pferde aufgrund eines gebrochenen Beines nicht überleben können. Dies liegt an der Art und Weise, wie sich ihre sehr leichten Beine biegen und zersplittern, an der dünnen und leicht zu durchdringenden Haut um den Knochen und daran, wie leicht die Blutversorgung durch beschädigte Arterien unterbrochen wird. Pferde sind auch anfällig für eine Lungenentzündung, wenn sie sich für längere Zeit auf den Boden legen.5
Es wurden zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Walrosse, oft in großen Zahlen, von Klippen gestürzt sind. In einem Wildtierschutzgebiet in Alaska wurden seit 1996 zahlreiche Walrosse gesichtet, die von derselben Klippe gestürzt sind,6 was zu schweren bis tödlichen Verletzungen geführt hat. Es ist nicht vollständig geklärt, was die Ursache für diese Unfälle ist. Walrosse schleppen sich oft an Land, um sich auszuruhen, und wenn ein Strand zu voll wird, klettern sie manchmal einen leichten Hang hinauf. Wenn sie oben am Hang angekommen sind, kann es vorkommen, dass sie von einem Eisbär verängstigt werden oder den Halt verlieren, wenn sie sich wieder auf den Rückweg zum Meer machen.7 Das untenstehende Video zeigt eine große Zahl an Walrossen, die in ihren Tod stürzen. An einem kurzen Strandabschnitt liegen 200 bis 300 tote Walrosse. In einer Nahaufnahme ist ein Walross zu sehen, das den Sturz überlebt hat; es atmet noch, kann sich jedoch nicht bewegen, und muss vor seinem Tod also sehr gelitten haben.
Das untenstehende Video zeigt eine große Zahl an Walrossen, die in ihren Tod stürzen. An einem kurzen Strandabschnitt liegen 200 bis 300 tote Walrosse. In einer Nahaufnahme ist ein Walross zu sehen, das den Sturz überlebt hat; es atmet noch, kVögel brechen sich schnell die Beine, da diese klein und deren Knochen oft hohl sind. Die Knochen können durch Mangelernährung oder exzessives Eierlegen auch noch empfindlicher werden. Vögel brechen sich häufig die Beine aufgrund von Stürzen, Kämpfen, unbeabsichtigten Kollisionen mit anderen Tieren oder weil ein größeres Tier versehentlich auf sie tritt. Knochenbrüche der Gließmaßen oder Flügel von fliegenden Vögeln und Pinguinen stellen häufig schwere bis tödliche Verletzungen darnn sich jedoch nicht bewegen, und muss vor seinem Tod also sehr gelitten haben.8 Da die Knochen fliegender Vögel so dünn sind, erleichtert es diesen zwar das Fliegen, aber es erhöht gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit, dass sie brechen oder zersplittern.9
Bei direkter Gewalteinwirkung auf das Gesicht – durch fallende Steine, einen Sturz, die Kollision mit einem Baum oder den Tritt eines anderen Tieres – kann es zu Verletzungen an den Knochen um die Augen kommen (Orbitafrakturen). Diese können zu Blutungen in den und um die Augen sowie zu späteren Infektionen führen.10
Land- und Wasserschildkröten können sich den Panzer brechen – durch einen Sturz, fallende Gegenstände oder wenn andere Tiere auf sie treten. Ausgeprägte Frakturen können sehr ernste Verletzungen darstellen. Der Panzer einer Schildkröte entspricht einer Art Wirbelsäule und je nachdem, wo sich der Bruch befindet, kann die Schildkröte dadurch gelähmt werden oder ihre Lunge kollabieren. Wenn der Bruch tief ist, kann es zu Blutverlust kommen. In und um den Panzer befinden sich Nervenendungen, weshalb die Fraktur so schmerzhaft wie jeder andere Knochenbruch sein kann. Bei bakteriellen oder Pilzinfektionen kann es zu Fäulnisbildung an der Stelle kommen, an der der Panzer gebrochen ist. Meerestiere sind besonders anfällig für diese Fäulnisbildung.
Auch Hörner bestehen aus Knochen und können bluten. Wenn sie in der Nähe des Kopfes abgerissen werden, wird auch Haut verletzt.11
Bei Kollisionen oder Kämpfen kann es vorkommen, dass Schnäbel brechen. Ein Vogel kann seinen Schnabel auch (ab-)brechen, wenn er beispielsweise in etwas steckenbleibt, dann in Panik gerät und sich losreißt. Schnäbel bestehen aus Haut, die mit Keratin bedeckt ist (demselben Material wie unsere Fingernägel), sind an Knochen befestigt und in der Schnabelspitze befindet sich eine dichte Ansammlung von Nerven und Blutgefäßen. Vögel nutzen ihre Schnäbel nicht nur als Münder, sondern auch – wie wir unsere Hände –, um etwas aufzusammeln. Wenn ein Vogel seinen Schnabel verletzt, kann es sein, dass er nicht mehr in der Lage ist, zu essen, zu trinken, ein Nest zu bauen oder sich zu verteidigen. Bestimmte Brüche des Schnabels verursachen Blutungen und in manchen Fällen kann der Vogel daran verbluten. Verletzungen am Schnabel können außerdem zu Atemschwierigkeiten oder Problemen der Nasennebenhölen führen.12 Schnäbel können nicht von selbst heilen, jedoch kann der verletzte Teil herauswachsen. Die Schnabelspitze hört nicht auf zu wachsen, da der Vogel sie durchgehendend verwendet und es somit immer zu Abnutzung kommt. Jedoch können Verletzungen, die von der Spitze weit entfernt sind, zu dauerhaften Missbildungen führen. Unter Umständen kann ein am Schnabel verletzter Vogel nur weiche Nahrung essen, was es ihm erschwert, in der Wildnis zu überleben.
Die Flügel von Fledermäusen und Insekten können durch Kollisionen mit Objekten, Pflanzen oder Dornen oder aufgrund von Pilzinfektionen reißen. Wenn sich Fledermäuse einen Riss im Flügel zuziehen, stellt dies eine ernsthafte Verletzung dar, die zu Blutverlust führen kann.13 Risse können von selbst heilen, jedoch beeinträchtigen sie die Flugfähigkeit der Fledermäuse, bis hin zur vollkommenen Flugunfähigkeit. Die Tiere müssen sich für den Heilungsprozess außerdem schonen und zusätzliche Energie mobiliseren, wodurch die Gefahr höher ist, dass sie verhungern, von Raubtieren erfasst werden oder anderen Gefahren zum Opfer fallen.
Tiere, die in der Natur leben, können sich durch Fremdkörper, oder Rauch Verletzungen an ihren Augen zuziehen. Häufig passiert das auf der Flucht. Da viele Tiere, wie zum Beispiel Rehe und Antilopen, Raubtieren und anderen Gefahren ausweichen, indem sie in den Wald flüchten, rennen viele von ihnen dabei gegen tiefhängende Äste. Auch wenn Verletzungen meistens nur ein Auge betreffen, kann jeder Schaden oder Verlust des Sehvermögens ein Tier zukünftig anfälliger für Gefahren durch weitere Unfälle und Raubtiere machen.
Fliegende Tiere sind im Vorteil, da es weniger Objekte gibt, mit denen sie kollidieren können. Allerdings können sich Vögel ihre Augen verletzen, wenn sie in jungem Alter vom Baum fallen oder beim Losfliegen gegen Äste rennen. Sie können auch bei Kämpfen mit anderen Vögeln durch deren Krallen verletzt werden. Augenverletzungen, die nicht heilen, schränken die Flugfähigkeit eines Vogels ein.
Verletzungen der Augenlider, wie zum Beispiel Risse oder Einstiche, entstehen oft durch Stürze oder Zusammenstöße. Das Augenlied stellt einen sehr fragilen Teil des Körpers dar. Es kann schnell verletzt werden, was zum Verlust des Sehvermögens oder zu Infektionen führen kann, wenn es nicht richtig abheilt. Wenn Tiere Sand, Glas oder andere Fremdkörper in ihre Augen bekommen, kann dies sehr schmerzhaft sein und zu weiteren Verletzungen führen, wenn sie versuchen, die Fremdkörper zu entfernen.14
Tiere können ihre Körperglieder, wie Gliedmaßen, Flügel und Fühler, unmittelbar durch Unfälle oder Kämpfe verlieren. Viele Tiere verlieren ihre Körperglieder auch durch sogenannte Autotomie bzw. Selbstamputation. Wenn sie in Gefahr sind, können Oktopusse ihre eigenen Arme, Eidechsen ihre Schwänze und Spinnen ihre Beine amputieren. Meistens ist dies der Fall, wenn sie ihre Gliedmaßen im Rahmen von Kämpfen mit anderen Tieren einklemmen, wenn sie die Ausbreitung von Gift (etwa durch einen Stich) in ihrem Körper verhindern wollen, oder wenn es zu Fehlern bei der Häuting kommt. Zusätzlich kann Selbstamputation auch eine Reaktion auf eine schmerzhafte Verletzung darstellen oder einen Versuch, ein nutzloses Körperteil zu entfernen.15
Das Ausmaß, in dem ein Tier aufgrund eines verlorenen Körperteils beeinträchtigt wird, hängt von dessen Art und Funktion sowie den Umweltbedingungen ab. Manche Tiere, wie zum Beispiel Oktopusse und Spinnen, kommen oft auch mit einem fehlenden Arm oder Bein gut zurecht.16
Viele Wirbellose, insbesondere junge Tiere, können Gliedmaßen, Fühler und andere Körperteile durch Häutung regenerieren. Schwere und Dauer einer Verletzung hängen vom Alter der Tiere, der Häufigkeit der Häutungen, der Zeitspanne, die sie für die Häutung benötigen, sowie dem betroffenen Körperteil ab.17 Ein Flusskrebs, der sich nur einmal im Jahr häutet, kommt mit einem Bein weniger durchaus zurecht, jedoch kann der Verlust einer Schere oder eines Fühlers seine Fähigkeit, Kämpfe mit anderen Tieren zu überleben oder seine Umwelt zu erforschen und Unterschlupf zu suchen, erheblich beeinträchtigen.18 Ein nicht geheiltes Bein kann besonders für springende Insekten wie Grillen sehr nachteilig sein.19
Es ist für Tiere nicht immer möglich, verletzte oder amputierte Körperteile gänzlich zu regenerieren. Struktur und Funktion des erneuerten Körpergliedes sind nicht immer gleich. Manche Verletzungen heilen aufgrund ihrer Schwere oder des Alters des Tieres nicht.20
Manche Wirbeltiere können Körperteile teilweise nachwachsen lassen, wie etwa Eidechsen ihre Schwänze, Fische ihre Flossen,21 und Salamander ihre Beine.22 Fledermäuse können ihre Flügel und Ohren regenerieren und Huftiere ihr Geweih.23 Jedoch kann es sein, dass die nachgewachsenen Körperteile kleiner oder weniger widerstandsfähig sind oder ein Nachwachsen gar nicht möglich ist, wenn das Tier zu viel physischer Belastung ausgesetzt ist.
Häutung ist eine häufige Ursache für Verletzungen bei Gliederfüßern (Arthropoden). Auch wenn sie nicht verletzt sind, müssen sich Gliederfüßer häuten – also ihren Hautpanzer (Exoskelett) abstoßen – um zu wachsen. Daraufhin brauchen ihre neuen Hautpanzer Zeit, um zusammen mit anderen Körperteilen, wie zum Beispiel der Auskleidung von Organen, gehärtet oder rekonstruiert zu werden.
Obwohl Gliederfüßer während der Häutung anfällig für Verletzungen von außen sind, da ihre neuen Hautpanzer noch weich sind, ist das Risiko höher, dass sie aufgrund eines Fehlers im komplexen Häutungsprozess sterben oder sich verletzen.24 Es kann auch vorkommen, dass sie nicht in der Lage sind, ein verletztes Körperteil zu regenerieren oder es bei der nächsten Häutung zu regenerieren, falls die Verletzung nach einer bestimmten kritischen Phase eintritt,25 dies führt zu einer verringerten Funktionsfähigkeit bis zur darauffolgenden Häutung, was Monate oder in manchen Fällen auch Jahre dauern kann. Für ältere Tiere ist dies noch verheerender, da sie sich mit steigendem Alter seltener häuten.
Manche Larven können nicht atmen, während sich ihre Hautpanzer ablösen, und können daran ersticken, wenn der Prozess zu lange dauert oder dabei ein anderer Fehler unterläuft. Eintagsfliegenlarven müssen vor der Häutung zusätzlichen Sauerstoff aufnehmen, da dabei ihre Luftröhrenschleimhaut zurückbleibt und sie während des Häutungsprozesses aufhören, zu atmen.26 Andere Spezies brauchen Monate, um aus ihrem Hautpanzer herauszukommen, und wenn sie dabei steckenbleiben, können sie durch ihr weiteres Wachstum zu Tode gequetscht werden.27
Es kann auch vorkommen, dass sich Gliederfüßer bei der Häutung einen empfindlichen Teil ihres Körpers abreißen, während sie sich herausschälen, und dabei Gliedmaßen verlieren oder verdrehen, ihre Lunge zerquetschen oder ein Auge oder anderes Weichteilgewebe verletzen. Die Wahrscheinlichkeit für Verletzungen erhöht sich, wenn es bei einem Tier zu einem abnormalen Häutungsprozess kommt – einer Störung, die Dysekdyse genannt wird –, was durch Stress verursacht werden kann. Manche Verletzungen führen zu lebensbedrohlichen Blutungen.28 Tiere sind anfälliger für Angriffe durch Raubtiere oder Artgenossen, während sie sich häuten; zum Beispiel haben Garnelen in bestimmten Stadien des Häutungsprozesses ein höheres Risiko, von anderen Garnelen verletzt oder getötet zu werden.29
Wildtiere sind extremen Wetterbedingungen ausgesetzt. Diese führen oft zu Verletzungen, die für die Tiere sehr schmerzhaft, beeinträchtigend oder tödlich sein können.
Stürme sind insbesondere für Tiere gefährlich, die nicht in der Lage sind, Unterschlupf zu suchen. Meerestiere können dabei gegen Felsen geschmettert werden. Wasservögel sind besonders gefährdet – sie werden bei Hagelstürmen von großen Eisbrocken verletzt, was zu Schäden an inneren Organen, gebrochenen Flügeln und Gliedmaßen sowie Augenverletzungen führen kann.30
Das zu lange Verweilen in der Sonne kann zu Sonnenbrand führen, der von kleineren Verbrennungen bis hin zur vollständigen Zerstörung von Haut und Gewebe reichen kann. Die schwersten Verbrennungen können tödlich sein. Tiere wie etwa Nilpferde, Elefanten und Schweine haben empfindliche Haut. Um Sonnenbrand zu verhindern, bedecken sie ihre Haut mit Schlamm. Wenn dieser nicht verfügbar ist, zum Beispiel während Dürrezeiten, ist dies nicht möglich, was zu schwerem Sonnenbrand führen kann. Eine Dürre in Lamu im Norden Kenias im Jahr 2017 führte dazu, dass Nilpferde und andere Tiere in ausgetrockneten Schlammlöchern feststeckten. Da sie ihre Haut dabei nicht mit einer Schutzschicht aus Schlamm bedecken konnten, erlitten viele von ihnen starken Sonnenbrand.31
Auch kaltesWetter kann Wildtieren Verletzungen zufügen. Bei starker Kälte können Tiere unter Erfrierungen leiden. Diese streunende Katze hat aufgrund extrem kalten Wetters Teile ihrer Ohren und Nase verloren. Vögel können ihre Beine verlieren, wenn sie an gefrorenen Geländern festfrieren.
Wenn sich ein Tier verletzt, aber daran nicht stirbt, kann es auf viele verschiedene Arten leiden. Zum einen aufgrund des Schmerzes, der durch die Wunden entsteht. Schmerz kann auch zu Verhalten führen, das für das Tier gefährlich ist, wie dies zum Beispiel der Fall ist, wenn es weniger isst und trinkt, was wiederum zu Gewichtsverlust, Muskelversagen und Atemproblemen führen kann.32 Zum anderen wird das Tier aufgrund von Infektionen oder ähnlichen Erkrankungen wahrscheinlich unter vielen anderen Schwierigkeiten leiden. Ohne medizinische Behandlung ist es wahrscheinlich, dass Wunden sich infizieren. Gewebeschädigungen werden häufig von Parasiten befallen (sogennante Myiasis).33 Der Befall durch Parasiten kann extrem schmerzhaft sein und zu zusätzlichen Komplikationen wie Diarrhö, Erbrechen und Sehstörungen führen.
Schließlich gefährden die beeinträchtigenden Auswirkungen von Verletzungen – die durch Infektionen oder Parasitenbefall noch verstärkt werden – das Wohlbefinden des Tieres auf viele Arten. Insbesondere ist das Tier gegebenenfalls nicht in der Lage, Gefahren zu entkommen, mit seiner sozialen Gruppe mitzuhalten oder genug zu essen und zu trinken, um den Heilungsprozess zu fördern bzw. überhaupt am Leben zu bleiben. Verletzte Tiere stellen auch sowohl für Raubtiere als auch für konkurrierende Artgenossen bevorzugte Angriffsziele dar.34
Wildtiere sind der Gefahr sehr vieler schrecklicher körperlicher Verletzungen ausgesetzt. Es gibt viele unterschiedliche Ursachen für Verletzungen, von Schnittwunden und Bissen anderer Tiere über Feuer, Kälte, Starkregen, Stürze und Kollisionen bis hin zu Selbstamputationen und Häutungsfehlern.
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11 Morris, P. J.; Bicknese, B. & Sutherland-Smith, M. (2008) „Repair of horn and frontal bone avulsion in a forest buffalo (Syncerus caffer nanus) with a polymethylmethacrylate dressing,“ Journal of Zoo and Wildlife Medicine, 39, pp. 99-102.
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14 Kirby, R.; Gelatt, K. N. & Wilkins, P. A. (2019) „Eye Emergencies“, op. cit. Richter, V. & Freegard, C. (2009) Standard operating procedure first aid for animals, Canberra: Department of Environment and Conservation [aufgerufen am 29. August 2019].
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20 O’Neill, M.; DeLandro, D.; Taylor, D. 2019 „Age-related responses to injury and repair in insect cuticle“, Journal of Experimental Biology, 222 [aufgerufen am 24. Oktober 2019]. Parle, E; Dirksb, J.-H. & Taylor, D (2017) „Damage, repair and regeneration in insect cuticle: The story so far, and possibilities for the future“, Arthropod Structure and Development, 46, pp. 49-55.
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26 Camp, A. A.; Funk, D. H. & Buchwalter, D. B. (2014) „A stressful shortness of breath: Molting disrupts breathing in the mayfly Cloeon dipterum“, Freshwater Science, 33, pp. 695-699.
27 University of California Museum of Paleontology (2005) „The dangers of molting!“, Understanding Evolution [aufgerufen am 4. Oktober 2019].
28 Pellett, S. & O’Brien, M. (2019) „Exoskeleton repair in invertebrates“, Veterinary Clinics of North America: Exotic Animal Practice, 22, pp. 315-330.
29 Ibid. Peebles, B. (1978) „Molting and mortality in Macrobrachium rosenbergii“, Proceedings of the Annual Meeting – World Mariculture Society, 9, pp. 39-46.
30 Jones, J. (2015) „Hundreds of flamingos battered to death during giant hailstone storm“, The Local, 3 September [aufgerufen am 14. Februar 2019]. SAPeople (2019) „Falcon tragedy: Hundreds of birds die as massive hail storm hits Newcastle overnight“, SA People News, Mar 22 [aufgerufen am 24. August 2019].
31 Karasin, E. (2016) „Hippos dying from SUNBURN amid Kenyan drought: Extreme heat has dried up mud baths the animals use to protect their skin“, MailOnline, 16 March [aufgerufen am 13. De<ember 2019].
32 Ibid. Northern Ireland. Executive Information Service (2015) „Welfare of dogs: Potection from pain and illness“, nidirect [aufgerufen am 3. März 2019].
33 Pellett, S. & O’Brien, M. (2019) „Exoskeleton repair in invertebrates“, op. cit. Francesconi, F. & Lupi, O. (2012) „Myiasis“, Clinical Microbiology Reviews, 25, pp. 79-105 [aufgerufen am 14. August 2019].
34 Pellett, S. & O’Brien, M. (2019) „Exoskeleton repair in invertebrates“, op. cit. Curio, E. (1976) The ethology of predation, Berlin: Springer. Martín, J.; de Neve, L.; Polo, V. & Fargallo, J. A. (2006) „Health-dependent vulnerability to predation affects escape responses of unguarded chinstrap penguin chicks“, Behavioral Ecology and Sociobiology, 60, pp. 778-784. Penteriani, V.; Delgado, M. M.; Bartolommei, P.; Maggio C.; Alonso-Álvarez, C. & Holloway, J. (2008) „Owls and rabbits: Predation against substandard individuals of an easy prey“, Journal of Avian Biology, 39, pp. 215-221. Miller, M. W.; Swanson, H. M.; Wolfe, L. L.; Quartarone F. G.; Huwer, S. L.; Southwick, C. H. & Lukacs, P. M. (2008) „Lions and prions and deer demise“, PLOS ONE, 3 (12) [aufgerufen am 13. Februar 2013].