Hilfe für hungernde und durstige Tiere

Hilfe für hungernde und durstige Tiere

Zu den Hauptursachen für den Tod wild lebender Tiere gehören Futter- und Wassermangel. Wenn die Tiere nicht aufgrund von Nahrungsmangel sterben, leiden sie dennoch unter Mangelernährung, Hunger und Durst.1 Dabei wäre es durchaus möglich, vielen dieser Tiere zu helfen.

Hunger leidende Tiere

Viele Menschen – zum Beispiel Vogelbeobachter – stellen Futterspender für wild lebende Tiere auf, um sie bei der Nahrungsaufnahme zu beobachten. Jäger nutzen Futterspender zum Anlocken bestimmter Tiere oder um diese am Leben zu halten, damit sie sie später jagen können. Andere Menschen wiederum kaufen Futterspender und Futter einfach nur aus dem Grund, dass sie sich um die Tiere sorgen.

Manche Menschen argumentieren, dass das Füttern von Tieren in der Wildnis mehr Schaden als Nutzen bringt. Dabei haben sie vor allem den Nutzen für das Ökosystem im Sinn, nicht den der Tiere. Was dem Ökosystem nützt, kann allerdings sehr schädlich für die Tiere in diesem Ökosystem sein – insbesondere, wenn die Tiere dabei unter Hunger oder anderen Umständen leiden (mehr dazu in Populationsdynamik und Tierleid).

Eine andere Sorge besteht darin, dass das Füttern von Tieren zu vermehrter Reproduktion führt und dadurch später noch mehr Tiere hungern. Diese Sorge ist in einigen Fällen durchaus berechtigt, kann aber aus der Welt geschafft werden, indem die Fütterung von Antireproduktionsmaßnahmen begleitet wird.2 So können den geretteten Tieren zum Beispiel Kontrazeptiva verabreicht werden, damit Tierpopulationen nicht zu stark wachsen, aber dennoch kein Tier hungern muss.

Viele Menschen haben eine unrealistische Vorstellung von der Natur und sind der Meinung, dass Tiere in der Wildnis ein unbeschwertes Leben führen und nicht unserer Hilfe bedürfen. Dass solche Menschen in die Natur eingreifen und Tiere füttern, liegt nicht etwa daran, dass sie sich um die Tiere sorgen. Stattdessen verfolgen sie vielmehr Naturschutz bezogene Absichten; das bedeutet, sie versuchen für den Menschen interessante Spezies zu erhalten.3 Zu diesen Zwecken werden wild lebende Tiere an vielen Orten regelmäßig gefüttert.

In vielen anderen Fällen wird das Problem hungernder Tiere auf schlimmere Art gelöst – häufig indem man sie tötet. In Zimbabwe zum Beispiel wurden aus diesem Grund unzählige Elefanten und Impalas (eine Gattung afrikanischer Antilopen) getötet. Bei einem schrecklichen Fall in Kenia wurde eine Herde Zebras zusammengetrieben und Löwen zum Fraß vorgeworfen, damit Touristen so viele Löwen möglich zu sehen bekamen. Doch es gibt auch Beispiele für Menschen, die aus moralischen Beweggründen hungernde Tiere füttern.

Forstbeamte organisieren Futter für Wildtiere in Jammu und Kashmir

Mancherorts ist die Unterstützung wild lebender Tiere in der Tradition verankert. In Nordindien gibt es verschiedene Gemeinden, die es als Teil ihrer Tradition betrachten, für Wildtiere zu sorgen und sie zu füttern. Auch wir können Tiere vor dem Verhungern und Verdursten retten.

Durstleidende Tiere

Eine weitere Ursache für Leid in der Tierwelt und erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit ist der fehlende Zugang zu frischem Wasser. Auch bei diesem Problem kann den Tieren ganz leicht geholfen werden. Es hat bereits einige Aktionen gegeben, im Rahmen derer Wildtiere mit Wasser versorgt wurden. Hier wurde mithilfe von neu angelegten Teichen und Röhrichten das Wasser in der Wildnis gereinigt.

Bei solchen Aktionen ist allerdings darauf zu achten, dass anderen Tieren kein Schaden zugefügt wird. Wenn Teiche angelegt werden, könnten manche Tiere ertrinken oder es könnte zu einer Vermehrung von parasitären Lebewesen kommen, die in den Teichen heimische Tiere befallen. Auch die Reproduktion von R-Strategen wie zum Beispiel Moskitos und anderen Insekten könnte dadurch ansteigen und viele dieser Tiere würden schon kurz nach ihrer Geburt wegen Ressourcenmangels qualvoll sterben.


Literaturhinweise

Bartoskewitz, M. L.; Hewitt, D. G.; Pitts, J. S. & Bryant, F. C. (2003) „Supplemental feed use by free-ranging white-tailed deer in southern Texas“, Wildlife Society Bulletin, 31, pp. 1218-1228.

Blecha, K. A. (2018) „Hunger mediates apex predator’s risk avoidance response in wildland–urban interface“, Journal of Animal Ecology, 87, pp. 609-622.

Boutin, S. (1990) „Food supplementation experiments with terrestrial vertebrates: Patterns, problems, and the future“, Canadian Journal of Zoology, 68, pp. 203-220.

Boutin, S. (2018) „Hunger makes apex predators do risky things“, Journal of Animal Ecology, 87, pp. 203-220 [letzter Zugriff: 29. September 2019].

Brennan, O. (2018) „Feeding wildlife as a means of promoting animal welfare“, Wild-Animal Suffering Research, September 9 [letzter Zugriff: 22. September 2019].

Brittingham, M. C. & Temple, S. A. (1988) „Impacts of supplemental feeding on survival rates of black-capped chickadees“, Ecology, 69, pp. 581-589.

Cannon, A. R.; Chamberlain, D. E.; Toms, M. P.; Hatchwell, B. J. & Gaston, K. J. (2005) „Trends in the use of private gardens by wild birds in Great Britain 1995–2002“, Journal of Applied Ecology, 42, pp. 659-671.

Catterall, C. P. (2004) „Birds, garden plants and suburban bushlots: Where good intentions meet unexpected outcomes“, in Burger, S. K. & Lunney, D. (eds.) Urban wildlife: More than meets the eye, Sidney: Royal Zoological Society of New South Wales, pp. 21-31.

Chamberlain, D. E.; Vickery, J. A.; Glue, D. E.; Robinson, R. A.; Conway, G. J.; Woodburn, R. J. & Cannon, A. R. (2005) „Annual and seasonal trends in the use of garden feeders by birds in winter“, Ibis, 147, pp. 563-575.

Chapman, R. & Jones, D. N. (2009) „Just feeding the ducks: Quantifying a common wildlife–human interaction“, Sunbird, 39, pp. 19-28.

Chapman, R. & Jones, D. N. (2011) „Foraging by native and domestic ducks in urban lakes: Behavioural implications of all that bread“, Corella, 35, pp. 101-106.

Dubois, S. & Fraser, D. (2013) „A framework to evaluate wildlife feeding in research, wildlife management, tourism and recreation“, Animals, 3, pp. 978-994 [letzter Zugriff: 12. Juni 2014].

Fleischer, A. L.; Bowman, R. & Woolfenden, G. E. (2003) „Variation in foraging behaviour, diet and time of breeding in Florida Scrub-Jays in suburban and wildland habitats“, Condor, 105, pp. 515-527.

Gammon, K (2019) „The weird ways animals use roads, buildings and power lines to their advantage“, Inside Science, February 19 [letzter Zugriff: 9. November 2019].

Ishigame, G.; Baxter, G. S. & Lisle, A. T. (2006) „Effects of artificial foods on the blood chemistry of the Australian Magpie“, Austral Ecology, 31, pp. 199-207.

McKiernan, F.; Houchins, J. A. & Mattes, R. D. (2008) „Relationships between human thirst, hunger, drinking, and feeding“, Physiology & Behavior, 94, pp. 700-708 [letzter Zugriff: 29. September 2019].

Miller, R.; Kaneene, J. B.; Fitzgerald, S. D.; Schmitt, S. M. (2003) „Evaluation of the influence of supplemental feeding of white-tailed deer (Odocoileus virginianus) on the prevalence of bovine tuberculosis in the Michigan wild deer population“, Journal of Wildlife Diseases, 39, pp. 84-95 [letzter Zugriff: 17. August 2020].

O’Leary, R. & Jones, D. N. (2006) „The use of supplementary foods by Australian magpies (Gymnorhina tibicen): Implications for wildlife feeding in suburban environments“, Austral Ecology, 31, pp. 208-216.

Ottoni, I.; de Oliveira, F. F. & Yound, R. J. (2009) „Estimating the diet of urban birds: the problems of anthropogenic food and food digestibility“, Applied Animal Behaviour Science, 117, pp. 42-46.

Partridge, S. T.; Nolte, D. L.; Ziegltrum, G. J. & Robbins, C. T. (2001) „Impacts of supplemental feeding on the nutritional ecology of black bears“, Journal of Wildlife Management, 65, pp. 191-199.

Plummer, K. E.; Bearhop, S.; Leech, D. I.; Chamberlain, D. E. & Blount, J. D. (2013a) „Fat provisioning in winter impairs egg production during the following spring: A landscape-scale study of blue tits“, Journal of Animal Ecology, 82, pp. 673-682.

Robbins, C. T. (1983) Wildlife feeding and nutrition, Orlando: Academic Press.

Saggese, K.; Korner-Nievergelt, F.; Slagsvold, T. & Amrhein, V. (2011) „Wild bird feeding delays start of dawn singing in the great tit“, Animal Behaviour, 81, pp. 361-365.

Smith, B. L. (2001) „Winter feeding of elk in western North America“, Journal of Wildlife Management, 65, pp. 173-190.

Smith, J. A.; Harrison, T. J.; Martin, G. R. & Reynolds, S. J. (2013) „Feathering the nest: Food supplementation influences nest construction by Blue (Cyanistes caeruleus) and Great Tits (Parus major)“, Avian Biology Research, 6, pp. 18-25.

Southwick, C. H.; Siddioi, M. F.; Farooqui, M. & Pal, B. C. (1976) „Effects of artificial feeding on aggressive of rhesus monkeys in India“, Animal Behaviour, 24, pp. 11-15.

Sullivan, T. P.; Sullivan, D. S. & Krebs, C. J. (1983) „Demographic responses of a chipmunk (Eutamias townsendii) population with supplemental food“, Journal of Animal Ecology, 52, pp. 743-755 [letzter Zugriff: 14. Juni 2014].

Turner, J. W., Jr.; Liu, I. K. M.; Flanagan, D. R.; Rutberg, A. T. & Kirkpatrick, J. F. (2001) „Immunocontraception in feral horses: One inoculation provides one year of infertility“, Journal of Wildlife Management, 65, pp. 235-241.

Venkatachalam, M. & Sathe, S. K. (2006) „Chemical composition of selected edible nut seeds“, Journal of Agricultural and Food Chemistry, 54, pp. 4705-4714.

Ward, J. M. & Kennedy, P. L. (1996) „Effects of supplemental food on size and survival of juvenile Northern Goshawks“, The Auk, 113, pp. 200-208.

Wrangham, R. W. (1974) „Artificial feeding of chimpanzees and baboons in their natural habitat“, Animal Behaviour, 22, pp. 83-93.


Fußnoten

1 McNamara, J. M. & Houston, A. I. (1987) „Starvation and predation as factors limiting population size“, Ecology, 68, pp. 1515-1519. Holmes, J. C. (1995) „Population regulation: A dynamic complex of interactions“, Wildlife Research, 22, pp. 11-19. Zimmerman, D. (2009) „Starvation and malnutrition in wildlife“, Indiana Wildlife Disease News, 4 (1), pp. 1-7 [letzter Zugriff: 19. Oktober 2013]. McCue, M. D. (2010) „Starvation physiology: Reviewing the different strategies animals use to survive a common challenge“, Comparative Biochemistry and Physiology Part A: Molecular & Integrative Physiology, 156, pp. 1-18.

2 Kallander, H. (1981) „The effects of provision of food in winter on a population of the great tit Parus major and the blue tit P. caeruleus“, Ornis Scandinavica, 12, pp. 244-248 [letzter Zugriff: 29. May 2013]. Lott, D. F. (1996) „Feeding wild animals: The urge, the interaction and the consequences“, Anthrozoös, 4, pp. 232-236. Cooper, S. M. & Ginnett, T. F. (2000) „Potential effects of supplemental feeding of deer on nest predation“, Wildlife Society Bulletin, 28, pp. 660-666. Schoech, S. J.; Bowman, R. & Reynolds, S. J. (2004) „Food supplementation and possible mechanisms underlying early breeding in the Florida Scrub-Jay (Aphelocoma coerulescens)“, Hormones and Behavior, 46, pp. 565-573. Orros, M. E. & Fellowes, M. D. E. (2012) „Supplementary feeding of wild birds indirectly affects the local abundance of arthropod prey“, Basic and Applied Ecology, 13, pp. 286-293. Plummer, K. E.; Bearhop, S.; Leech, D. I.; Chamberlain, D. E. & Blount, J. D. (2013b) „Winter food provisioning reduces future breeding performance in a wild bird“, Scientific Reports, 3 [letzter Zugriff: 15. Februar 2014]. Jones, D. (2011) „An appetite for connection: Why we need to understand the effect and value of feeding wild birds“, Emu: Austral Ornithology, 111, pp. i-vii [letzter Zugriff: 14. Juni 2014].

3 Brittingham, M. C. & Temple, S. A. (1992) „Does winter feeding promote dependency?“, Journal of Field Ornithology, 63, pp. 190-194. Marion, J.; Dvorak, R. & Manning, R.E. (2008) „Wildlife feeding in parks: Methods for monitoring the effectiveness of educational interventions and wildlife food attraction behaviors“, Human Dimensions of Wildlife, 13, pp. 429-442.