Auf Rechten basierenden Theorien zufolge sind bestimmte Handlungen gegenüber Individuen verboten, da diese moralische Rechte besitzen. Ein Recht zu besitzen geht mit einem besonderen Schutz einher. Wenn ein Interesse durch ein Recht geschützt wird, darf es nicht missachtet werden, selbst dann nicht, wenn die Rechtsverletzung aus anderen Gründen gut sein könnte.
In der Ethik geht es primär um moralische (und nicht um juristische) Rechte. Im Rechtsstaat besitzen Individuen juristische Rechte. Diese schützen zwar ebenfalls die Interessen von Individuen, unterscheiden sich aber von moralischen Rechten. Da es in diesem Artikel um Ethiktheorien geht, bezieht sich „Recht(e)“ im Folgenden auf moralische und nicht auf juristische Rechte.
Auf Rechten basierende ethische Ansätze sind entweder realistisch oder konstruktivistisch. Realistischen Theorien zufolge verfügen Rechtsinhaber*innen über Rechte als eine ihrer intrinsischen Eigenschaften. Diese müssen anerkannt und respektiert werden, bzw. müssen wir dafür kämpfen, dass sie respektiert werden. Konstruktivistischen Ansätzen zufolge zeichnet sich die bestmögliche Theorie im Hinblick auf das Verhalten gegenüber moralisch relevanten Lebewesen dadurch aus, dass diesen Lebewesen Rechte zugestanden werden, und dass diese Rechte auch anerkannt und durchgesetzt werden. Vertreter*innen konstruktivistischer Theorien akzeptieren nicht, dass Rechtsinhaber*innen als intrinsische Eigenschaft Rechte besitzen, sondern argumentieren, dass Individuen sich dazu entschließen, anderen Rechte zu verleihen. Dies wird von Vertreter*innen konstruktivistischer Theorien als gute Vorgehensweise verteidigt.
Auf Rechten basierende ethische Ansätze sind in der Regel deontologische Theorien. Das bedeutet, dass in diesen Ansätzen es Normen gibt, die jederzeit und unabhängig der Umstände eingehalten werden müssen. Dies ist auch dann der Fall, wenn in einer Situation eben diese Norm oder andere Normen von anderen oder in Zukunft auch von uns selbst verletzt werden.
Es ist auch möglich, konsequentialistische auf Rechten basierende ethische Ansätze zu verteidigen. Diese Theorien beinhalten, dass wir die Anzahl an anerkannten Rechten maximieren und die Anzahl verletzter Rechte minimieren sollten. Keine Rolle spielt hierbei, ob wir selbst oder andere diese Rechte anerkennen oder verletzen und ob diese Rechte in der Gegenwart oder der Zukunft verletzt werden.
Im Gegensatz dazu fordern Vertreter*innen deontologischer Theorien, dass wir Rechte auch dann in der Gegenwart anerkennen müssen, wenn wir auf diese Weise andere Rechte zu einem späteren Zeitpunkt missachten würden oder wenn Menschen die Rechte anderer Menschen missachten müssten. Es gibt auch anthropozentrische Rechtstheorien, denen zufolge nur Menschen Rechtsinhaber*innen sein können. Vertreter*innen vieler anderer Theorien argumentieren jedoch dafür, auch nichtmenschliche Tiere als Rechtsinhaber*innen zu betrachten (vgl. hierzu auch unterschiedliche ethische Theorien, die sich für die Anerkennung von nichtmenschlichen Tieren als Rechtsinhaber*innen einsetzen).
Ein Argument gegen nichtmenschliche Tiere als Inhaber*innen von Rechten basiert auf der Überzeugung, dass nur Lebewesen, die die Rechte anderer Lebewesen respektieren können, selbst Rechte haben dürfen. Zu diesem Ansatz gibt es eine Reihe von grundlegenden Gegenargumenten. Insbesondere muss aber hervorgehoben werden, dass dieses Argument insofern widersprüchlich ist, als es in der Realität nie auf Menschen, sondern ausschließlich auf nichtmenschliche Tiere angewandt wird. Manche Menschen (darunter auch Babys) können zwar die Rechte anderer nicht anerkennen, haben aber dennoch selbst Rechte. Die aktuell am weitesten verbreiteten ethischen Theorien, die auf Rechten basieren, greifen übrigens nicht auf das oben erwähnte Argument zurück, sondern versuchen stattdessen zu rechtfertigen, warum jemand vor dem Hintergrund menschlicher Interessen über Rechte verfügen sollte.
Ein weiteres Argument gegen Rechte für nichtmenschliche Tiere besagt, dass die Rechte der meisten nichtmenschlichen Tiere unmöglich berücksichtigt werden könnten und dass nichtmenschliche Tiere deswegen überhaupt keine Rechte haben sollten. Diese Ansicht ist eine Reaktion auf ein Argument für die Rechte nichtmenschlicher Tiere, das besagt, dass die Rechte eines Rechtsinhabers bzw. einer Rechtsinhaberin auch von anderen anerkannt werden müssen. Wenn wir also darauf bestehen, dass die Rechte von Rechtsinhaber*innen durchgesetzt werden müssen und dass nichtmenschliche Tiere Rechte haben, dann müssen auch die Rechte nichtmenschlicher Tiere durchgesetzt werden. Ein Gegenargument zu dieser Ansicht verweist auf das Problem, dass sich nichtmenschliche Tiere in der Natur gegenseitig schaden, wodurch die Anerkennung der Rechte eines Individuums gleichzeitig zur Missachtung der Rechte eines anderen führen würde.
Dies spräche dafür, nichtmenschlichen Tieren keine Rechte zu gewähren, da ihre Rechte ohnehin nicht gewahrt werden könnten. Auf diese Weise wird die Idee, nichtmenschlichen Tieren Rechte zu gewähren, zur Absurdität. Dieses Gegenargument ist jedoch nicht überzeugend.
Zwei oder mehr Individuen haben unter Umständen Rechte, die sich widersprechen und deswegen nicht uneingeschränkt anerkannt werden können. Das bedeutet nicht, dass diese Individuen über keine Rechte verfügen würden, impliziert aber, dass ein Recht womöglich wichtiger als ein anderes ist, bzw., dass die Anzahl der Rechte, die anerkannt werden können, maximiert werden sollte. Wir sollten also versuchen, die Rechte von nichtmenschlichen Tieren, die in der Wildnis leben, durchzusetzen, wenn dadurch keine Rechte der anderen in der Wildnis lebenden tierischen Individuen verletzt werden. Wenn dies nicht möglich ist, dann sollten andere Lösungen in Betracht gezogen werden, sodass mehr Rechte und insbesondere die wichtigsten Rechte geschützt werden.
Generell ist offensichtlich, dass die Ausbeutung nichtmenschlicher Tiere diesen großen Schaden zufügt, weswegen ein solches Verhalten nicht mit deren Rechten vereinbar ist. Rechte müssen weiters nicht ausschließlich negative Rechte, also verbotene Handlungen gegenüber Individuen, umfassen. Es können auch positive Rechte sein, die beschreiben, was wir für andere Rechtsinhaber*innen tun sollten.
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