Die Nutzung von nichtmenschlichen Tieren in der Grund- und Sekundarschulbildung

Die Nutzung von nichtmenschlichen Tieren in der Grund- und Sekundarschulbildung

Im Bereich der Bildung werden die meisten nichtmenschlichen Tiere zum Sezieren genutzt. Nicht für jedes Land stehen hierzu Daten zur Verfügung. Das Sezieren von Fröschen ist seit Jahrzehnten gängige Praxis im Biologieunterricht im Sekundarschulwesen. Es werden aber auch viele andere Arten nichtmenschlicher Tiere seziert, zum Beispiel Föten von Schweinen aus der Fleischindustrie und sogar die Kadaver von Füchsen und Nerzen aus der Pelzindustrie. Außerdem werden viele verschiedene Arten von Wirbellosen wie Grashüpfer und Regenwürmer verwendet.

Während das Sezieren in einigen Ländern üblich ist, ist es in vielen anderen Ländern eher ungewöhnlich, beispielweise in der Europäischen Union.

Manchmal werden statt des ganzen Körpers nur Teile von nichtmenschlichen Tieren, etwa Organe, für Experimente benutzt. Häufig verwendete Körperteile sind Herzen, Augen, Lungen und Gehirne (vor allem von Schweinen, Kühen, Hühnern und Schafen). Diese werden oft seziert, damit ihre innere Struktur untersucht werden kann.

Bei einer anderen Methode werden Eier ausgebrütet, bis Küken aus ihnen schlüpfen, sodass der Prozess beobachtet werden kann. Nach dem Experiment, erst kurz nachdem sie geschlüpft sind, werden die Küken normalerweise getötet. Manchmal wird den Schülern und Schülerinnen angeboten, die benutzten nichtmenschlichen Tiere mit nach Hause zu nehmen. Dies ist jedoch eher unüblich. Selbst wenn sie mit nach Hause genommen werden, werden sie womöglich vernachlässigt, was den sicheren Tod und großes Leid für die nichtmenschlichen Tiere bedeutet.

Nichtmenschliche Tiere werden von Schulklassen außerdem als „Haustiere“ verwendet. Sie werden normalerweise in Käfigen gehalten und von der Klasse gemeinsam versorgt. Diese Individuen leben auf begrenztem Raum, den sie nicht verlassen können. Soziale nichtmenschliche Tiere leiden dabei oft unter mangelndem Kontakt zu Artgenossen. Der Umstand, dass sie ständig von einer großen Zahl von lauten Kindern umgeben sind, kann Stress und Angst auslösen. Oft werden die dort gehaltenen nichtmenschlichen Tiere auch nicht angemessen versorgt, weshalb sie in der Regel ein nur kurzes Leben haben.1

Neben dem Leid, das nichtmenschliche Tiere in Klassenzimmern erfahren, wird diesen auch auf andere Weise geschadet.

Es wird behauptet, dass Live-Vorführungen und Experimente mit nichtmenschlichen Tieren in Schulen dazu beitragen, Kinder für die Wissenschaft zu begeistern.“2 Allerdings könnte dies viele Schüler, die Tieren nicht schaden wollen, ebenso abschrecken.3

So werden Menschen, die Rücksicht auf die Interessen nichtmenschlicher Tiere nehmen, davon abgehalten, in Bereichen zu arbeiten, in denen das Sezieren dieser und Tierversuche üblich sind. Dadurch wird die Entwicklung tiergerechter Paradigmen in diesen Fachrichtungen behindert. Dies ist vor allem bei Frauen der Fall, die zu einem größeren Anteil Übungen mit nichtmenschlichen Tieren ablehnen.

Außerdem können Lehrkräfte einen enormen Einfluss auf die Einstellungen ihrer Schüler haben. Wenn sie die Meinung vertreten, dass diejenigen, die solche Praktiken ablehnen, nicht die richtigen Prioritäten haben, verringert dies die Chancen, dass die Schüler später die Interessen nichtmenschlicher Tiere berücksichtigen. Auch wenn Lehrkräfte ihr eigenes Verhalten nicht kommentieren, verbreiten sie dennoch diese Idee, weil die Schüler sehen, wie nichtmenschliche Tiere nach Belieben des Menschen als bloße Dinge behandelt werden.

Lehrkräfte, die das Sezieren befürworten, tun dies oft mit der Begründung, dass es nicht dasselbe sei, ohne echte nichtmenschliche Tiere zu lernen. Sie behaupten, dass die Schüler besser lernen, wenn sie beim Sezieren die Details beobachten, die sezierten Wesen aus allen Perspektiven sehen und verschiedene Bereiche der Tierkörper entdecken können, ohne die Struktur zu beschädigen. Diese Behauptungen werden von den Firmen gestützt, die die nichtmenschlichen Tiere für das Sezieren sowie als Labortiere in anderen Bereichen verkaufen.

Dennoch gibt es überall auf der Welt Länder, in denen das Sezieren nichtmenschlicher Tiere als Lernübung unüblich ist. In vielen Ländern, die über große Bildungsbudgets verfügen und für die Qualität ihres Bildungssystems bekannt sind (zum Beispiel skandinavische Länder), werden in der Bildung keine nichtmenschlichen Tiere verwendet.

Die eigentliche Frage ist jedoch, ob es akzeptabel ist, nichtmenschliche Tiere für diesen Zweck zu verwenden. Es wird unter keinen Umständen toleriert, Menschen zu benutzen, um die menschliche Anatomie und Physiologie zu studieren, obwohl es allgemein anerkannt ist, dass dies der beste Weg wäre. Wer sich gegen eine speziesistische Weltanschauung ausspricht, kann nicht argumentieren, dass die Nutzung von Menschen inakzeptabel ist, während die Nutzung nichtmenschlicher Tiere dagegen akzeptabel sei.

Manchmal wird die Ablehnung der Verwendung nichtmenschlicher Tiere für die Forschung oder Ausbildung als „sentimental“ bezeichnet. Ein solches Argument zeigt, dass die Verteidigung dieser Praxis nur durch das Ignorieren der Interessen nichtmenschlicher Tiere und durch eine speziesistische Einstellung aufrecht erhalten werden kann, da niemand von „Sentimentalität“ spricht, wenn es um die Ablehnung von Praktiken geht, die den sicheren Tod oder das Quälen von Menschen bedeuten.

Woher kommen die nichtmenschlichen Tiere, die in der Bildung verwendet werden?

Üblicherweise werden die nichtmenschlichen Tiere, die in Klassenzimmern verwendet werden, gefangen; manchmal werden sie auch von Zuchtbetrieben gekauft. Es gibt Unternehmen, die darauf spezialisiert sind, nichtmenschliche Tiere massenhaft zu diesem Zweck zu züchten, sie zu fangen, sie von kleineren Händlern zu kaufen, ungewollte nichtmenschliche Tiere zu kaufen oder aufzunehmen und sie zu verkaufen. Zu diesen Unternehmen zählen zum Beispiel CBSC, Fisher Scientific und Nasco.

Gefangene nichtmenschliche Tiere leiden furchtbar, bevor sie getötet werden. Frösche zum Beispiel werden oft zu Dutzenden in Säcke gesteckt, in denen sie manchmal für mehr als eine Woche keine Nahrung bekommen und nur von Zeit zu Zeit mit Wasser versorgt werden. Oft erleiden sie einen Hitzschlag, was in jedem Fall großes Leid, wenn nicht sogar den Tod bedeutet.

Viele nichtmenschliche Tiere, die nicht auf diese Art oder während des Fangens sterben, werden durch Chemikalien oder Alkohol getötet, wobei sie bis zu 20 Minuten lang leiden, bevor sie sterben.

Dies trifft neben Fröschen auf viele andere nichtmenschliche Tiere zu.

Manche Bildungseinrichtungen züchten selbst Versuchstiere. Manchmal werden so viele Individuen gezüchtet, dass die meisten von ihnen letztendlich nicht für Experimente verwendet werden. Diese „überflüssigen“ Wesen werden dann getötet.

Katzen und Hunde können von Zwingern bezogen werden. In manchen Regionen sind öffentliche Institutionen und Organisationen, die öffentliche Gelder erhalten, dazu verpflichtet, Laboren und anderen Einrichtungen, die nichtmenschliche Tiere als Versuchsobjekte nutzen wollen, zur Verfügung zu stellen.

Schließlich werden auch Tierkörper von landwirtschaftlichen Betrieben und Schlachthäusern bezogen, nachdem sie für ihr Fleisch und/oder ihre Haut getötet wurden. Schweineföten werden aus den Gebärmüttern schwangerer Sauen geschnitten, nachdem diese geschlachtet wurden.

Auch wenn die nichtmenschlichen Tiere wie in diesen Fällen nicht ausschließlich für Zwecke der Bildung oder Forschung getötet werden, sondern durch andere Arten der Tierausbeutung wie die landwirtschaftliche Tierhaltung, wird durch die Verwendung ihrer Körper die Ausbeutung dieser Wesen unterstützt.

Dasselbe gilt für Körperteile von nichtmenschlichen Tieren, zum Beispiel Kuhaugen, Schafshirne oder Schweineherzen. Sie werden von Fleischereien, Supermärkten oder direkt von Schlachthäusern gekauft. Durch den Kauf von tierischen Körperteilen wird das Geschäft mit der Ausbeutung nichtmenschlicher Tiere unterstützt und weiter angetrieben.

Verweigerung aus Gewissensgründen

Verweigerung aus Gewissensgründen bedeutet, bestimmte Handlungen aus ethischen Gründen nicht ausführen zu wollen. Dies wird zunehmend üblich in Bereichen, in denen Arbeitserfahrung mit nichtmenschlichen Tieren verlangt wird.4

Es gibt immer noch Lehrkräfte, die eine Verweigerung aus Gewissensgründen als Infragestellen ihrer Autorität sehen und ihr deshalb möglicherweise ablehnend gegenüberstehen.5 Das kann dazu führen, dass sie ihre Missbilligung dadurch ausdrücken, dass sie auf Schüler*innen aufmerksam machen, die das Sezieren verweigern. Auch wenn es ein Recht zur Weigerung und somit keine formalen Sanktionen gibt, können Lehrkräfte die Schüler*innen bestrafen, indem sie sich im Unterricht über diese lächerlich machen. Solcher Druck entmutigt Schüler*innen, die Tieren eigentlich nicht schaden wollen.

Schüler*innen, die nicht an Experimenten teilnehmen wollen, bei denen Tieren Schaden zugefügt wird, können sich jedoch auch mit größeren Problemen konfrontiert sehen. Es hat Fälle gegeben, in denen Schüler*innen per Gericht dazu verpflichtet wurden, solche Experimente durchzuführen. Glücklicherweise wird die Weigerung aus Gewissensgründen mehr und mehr als völlig legitime ethische Position akzeptiert. Es wird zunehmend als inakzeptabel betrachtet, Druck gegen diese Haltung auszuüben, auch informell.6

In immer mehr Ländern wird das Recht zur Weigerung aus Gewissensgründen anerkannt. Außerdem nimmt die Rücksichtnahme seitens der Lehrkräfte gegenüber Schüler*innen zu, die nicht an Experimenten an nichtmenschlichen Tieren teilnehmen wollen, und die Bereitschaft, von solchen Experimenten abzusehen, wächst.

Der Wandel hin zu Versuchsmethoden, in denen keine nichtmenschlichen Tiere verwendet werden

Die Tatsache, dass immer mehr Methoden zum Erlernen der tierischen Anatomie und Physiologie ohne lebende nichtmenschliche Tiere auskommen, wird zu einem schrittweisen Rückgang der Verwendung von nichtmenschlichen Tieren führen.

Eine aktuelle Alternative im Bereich der Lehre der tierischen Anatomie und Physiologie zum Sezieren ist die Arbeit mit hochwertigen Grafiken in Form von Fotos und Mikrofotos, die die Anatomie von Tieren mit größter Detailgenauigkeit zeigen. Eine weitere Alternative sind Vinyl-Modelle von Ochsenfröschen mit detailgenauer Darstellung verschiedener Gliedmaßen, Organe und sogar der Struktur der Organe. Außerdem gibt es Virtual Reality-Programme wie V-Frog™, die es Schüler*innen ermöglichen, nicht nur die Anatomie der Frösche zu sehen, sondern auch eine Vielzahl virtueller Sektionen durchzuführen, ohne dabei einem nichtmenschlichen Tier zu schaden.

Ein Grund dafür, dass Software und leblose Modelle nach und nach lebende nichtmenschliche Tiere ersetzen, besteht darin, dass sie große Einsparungen für Bildungszentren bedeuten, da nicht jedes Jahr für jeden Schüler bzw. jede Schülerin neue Versuchstiere gekauft werden müssen. Sie sind außerdem praktischer, da die Lehrkräfte keine nichtmenschlichen Tiere für das Sezieren vorbereiten müssen (und somit Zeit sparen) und die Tierkörper anschließend nicht entsorgen müssen. Auch müssen sie nicht mit Formalin zur Konservierung der Körper arbeiten. Andere unangenehme und möglicherweise giftige Aufgaben im Zusammenhang mit dem Sezieren echter Körper und Körperteile entfallen ebenfalls.

Dies erklärt jedoch nicht vollständig, warum es einen Trend hin zu anderen Lehrmethoden gibt. Auch die zunehmende Rücksichtnahme von Menschen gegenüber nichtmenschlichen Tieren und die Entscheidungen vieler Schüler*innen, die Experimente mit nichtmenschlichen Tieren abgelehnt haben, haben hierzu beigetragen.


Weiterführende Literatur

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Fußnoten

1 Aus diesem Grund lehnen selbst Organisationen wie die RSPCA, die nicht grundsätzlich gegen die Nutzung von Tieren sind, die Haltung von Tieren als Haustiere in Schulen ab: Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals (2007) Education and animals: Guidance for education establishments in England and Wales, Southwater: Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals.

2 Institute of Laboratory Animal Resources; Commission on Life Sciences; National Research Council; National Academy of Sciences & National Academy of Engineering (1989) Principles and guidelines for the use of animals in precollege education, Washington: National Academy of Sciences.

3 Capaldo, T. (2004) „The psychological effect on students of using animals in ways that they see as ethically, morally and religiously wrong“, Alternatives to Laboratory Animals, 32 (1, suppl.), pp. 525-531.

4 Francione, G. L. & Charlton, A. E. (1992) Vivisection and dissection in the classroom: A guide to conscientious objection. Jenkintown: American Anti-Vivisection Society.

5 Oakley, J. (2012) „Dissection and choice in the science classroom: Student experiences, teacher responses, and a critical analysis of the right to refuse“, Journal of Teaching and Learning, 8 (2), pp. 15-29 [aufgerufen am 26. Februar 2023].

6 Balcombe, J. P. (1997) „Student/teacher conflict regarding animal dissection“, The American Biology Teacher, 59, pp. 22-25.